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Aktuelles

29.05.2020

„Die Zusammenarbeit war beeindruckend“

Stefanie Hild, Chefärztin der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am Kreiskrankenhaus in Waldbröl, berichtet im Interview über ihre Sorge, dass Patienten aus Angst vor dem Coronavirus zu spät eine Behandlung beginnen. Sie informiert über die Maßnahmen zum Schutz der Patienten und gibt einen Einblick in ihre Arbeit während der akuten Phase des Infektionsgeschehens.

Aktuell verfügen die deutschen Krankenhäuser über rund 150.000 freie Betten auf Normalstationen und circa 12.000 freie Plätze auf Intensivstationen. Das meldet die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Bei der derzeit stabilen Corona Lage seien die Krankenhäuser in der Lage den Regelbetrieb im Krankenhaus wieder anlaufen zu lassen. Wie ist die Situation in Ihrer Klinik?

Hild: Wir haben unser Programm noch ein bisschen gebremst. Notfälle haben wir jedoch die ganze Zeit hindurch versorgt. Seit die Infektionszahlen rückläufig sind, haben wir über unseren krankenhausinternen Krisenstab beschlossen, langsam wieder zum gewohnten OP-Programm zurückzukehren.

Wie schaffen Sie das?

Hild: Seit der zweiten Maiwoche haben wir wieder planbare Operationen, Herzkatheter-Untersuchungen und Darmspiegelungen ins Programm genommen. Es ist jedoch eine Herausforderung, einerseits wieder Sprechstunden und planbare Untersuchungen und Operationen anzubieten und mehr Patienten aufzunehmen, während wir andererseits sicherstellen müssen, dass sich die Patienten im Krankenhaus nicht durch das Virus infizieren.

Bemerken Sie, dass Patienten aus Sorge vor Ansteckung den Weg ins Krankenhaus meiden?

Hild: Ja, viele Menschen sind sehr zurückhaltend und gehen weder in eine Arztpraxis noch ins Krankenhaus. Manche denken sicher auch, dass Krankenhaus liege voller Covid-19-Patienten. Ein Patient hat mir gesagt, dass er mit einer Behandlung noch wartet, um schwer Erkrankten keinen Platz im Krankenhaus wegzunehmen. Rund um die Welt bemerken Ärzte gerade, dass Patienten mit Krankheiten, die im Frühstadium noch gut behandelbar wären, sehr spät zu uns kommen. Wir sehen, dass Patienten zum Teil begonnene Tumor-Behandlungen absagen. Jede Krankheit, die verschleppt wird, ist schwerer zu behandeln und zu operieren.

Wie sorgen Sie im Kreiskrankenhaus Waldbröl dafür, dass die Patienten vor einer Ansteckung geschützt werden?

Hild: Wir haben in den Sprechstunden die Termine entzerrt, so dass die Patienten nicht zusammen im Wartebereich sitzen müssen. Wenn eine Operation ansteht, dann befragen wir den Patienten im Vorfeld mehrfach nach Symptomen, die auf eine Infektion durch das Coronavirus hindeuten. Wenn sich irgendein Verdacht ergibt, dann sind wir sehr großzügig mit Abstrichen.

Wie viele Fälle sind aufgrund dieser vorsorglichen Abstrichen bisher mit einem positiven Befund aufgefallen?

Hild: Niemand. In allen Verdachtsfällen war der Befund negativ. Unser Ziel ist es, bei planbaren Eingriffen Covid-19 auszuschließen. Darauf verwenden wir sehr große Sorgfalt. Auch bei Notfällen werden die Abstriche gemacht.

Versorgen Sie im Kreiskrankenhaus Waldbröl derzeit noch Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind?

Hild: Ja, nach wie vor behandeln wir Covid-19-Patienten. Wir haben ein komplettes Stockwerk für Verdachtspatienten und bestätigte Fälle freigehalten. Außerdem gibt es einen OP-Saal, abgetrennte Bereiche in der Notaufnahme und auf der Intensivstation, wo ausschließlich Patienten mit Covid-19 oder dem Verdacht behandelt werden. Außerdem bleibt das Personal auf den Covid-19-Stationen ausschließlich dort und ist fest diesen Stationen zugeordnet. Wir sorgen mit großer Sorgfalt dafür, dass infizierte Patienten nicht mit den anderen Patienten in Kontakt kommen. Wir halten uns strikt an die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts und an die Empfehlungen der ärztlichen, wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Darüber hinaus gilt im gesamten Krankenhaus Maskenpflicht.

Wie sieht die Versorgung mit Schutzausrüstung in Ihrer Klinik aus?

Hild: Mittlerweile gibt es hinreichend Nachschub.

Seit Kurzem sind auch Besuche im Krankenhaus wieder erlaubt. Wie stehen Sie dazu?

Hild: Die Patienten brauchen Besuch, sonst fühlen sich sie einsam. Ich habe großen Respekt vor unseren Patienten und ihren Angehörigen, die in den vergangenen Wochen und Monaten das Besuchsverbot mitgetragen haben. Das hat entscheidend dazu beigetragen, dass wir die Situation beherrschen konnten. Aber ich weiß, dass es eine große Belastung für alle bedeutet hat.

Nicht nur die Patienten und die Angehörigen waren solidarisch mit Ihnen und Ihren Kollegen, auch untereinander und mit dem Gesundheitsamt haben Sie die erste Infektionswelle dank des großen Zusammenhalts gut gemeistert.

Hild: Das war tatsächlich so. Patienten und Angehörige haben mit uns an einem Strang gezogen. Wir haben uns eng mit dem Gesundheitsamt abgestimmt. Diese Zusammenarbeit habe ich als sehr positiv empfunden. Wir haben innerhalb und außerhalb des Krankenhauses eine große Solidarität erlebt. Diese große Solidarität mit dem Gesundheitsweisen wünsche ich mir auch für die Zukunft.

Wie haben Sie rückblickend auf die Monate März und April die Arbeit im Krankenhaus erlebt?

Hild: Wir haben große Anstrengungen unternommen, hier alles im Griff zu behalten. Als erkennbar war, dass wir vor einem großen Problem stehen, haben wir einen Krisenstab eingerichtet, der täglich zusammen kam. An den Sitzungen haben die Geschäftsführung, die Hygiene-Abteilung, die Pflegedirektion, alle Chefärzte, der Chefapotheker und die Pressestelle teilgenommen. Wir haben gemeinsam viele organisatorische Entscheidungen getroffen und ständig angepasst. Wir haben uns jeden Tag über die Zahl der Erkrankten ausgetauscht, und dabei auch immer die Gesundheit des Personals im Blick gehabt. Wir haben über Masken und Beatmungsgeräte gesprochen. Und bei allen Entscheidungen waren die Empfehlungen und Verordnungen des RKI, von Bund, Land und Kreis unsere Grundlage.

Wir sind im Oberbergischen Kreis und in Deutschland bei dieser ersten Infektionswelle mit relativ geringen Infektionszahlen und einer niedrigen Todesrate im internationalen Vergleich insgesamt glimpflich durch die Krise gekommen. Woran lag das Ihrer Meinung nach?

Hild: Wir alle sind unendlich dankbar, dass es so ist. Ich kenne Kollegen in Italien und Frankreich, die haben apokalyptische Szenarien erlebt, wobei der medizinische Standard in Italien und Frankreich vergleichbar mit Deutschland ist.

Es wird sicherlich sehr interessant sein, wenn die sehr unterschiedlichen Verläufe der Pandemie in den verschiedenen Ländern im Nachgang untersucht werden. Ich glaube, dass in Deutschland insbesondere zum Anfang der Pandemie eine Reihe sehr kluger politischer Entscheidungen getroffen worden sind. Im Unterschied zu anderen Ländern haben wir hier in Deutschland eine breit angelegte Krankenhauslandschaft, die Patienten verteilen sich nicht auf wenige große Krankenhäuser wie bei unseren Nachbarn. Die Zahl der Patienten hat sich auf viele Krankenhäuser verteilt, so dass die schwer betroffenen Patienten zu jeder Zeit gut behandelt werden konnten. Auf diese Weise sind wir nie an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen.

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