Kliniken stehen mit dem Rücken zur Wand
Mit einer Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag haben mehrere Tausend Beschäftigte der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser ihren Protest gegen die unzureichende Finanzierung der Kliniken durch die Bundesregierung gezeigt. Auch rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikum Oberberg haben gemeinsam mit Geschäftsführer Sascha Klein für einen nachhaltige Finanzierung der inflationsbedingten Kostensteigerungen und der ab 2024 vorgesehenen Tarifsteigerungen demonstriert.
Bisher weigert sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, seine gesetzliche Verantwortung für die Betriebskosten der Krankenhäuser zu übernehmen. Die Folge: Die Krankenhäuser müssen für das kommende Jahr hohe Verluste einplanen. Deshalb unterstützt ein breites Bündnis, darunter Städte- und Landkreistage, Ärzte- und Pflegekammern, verdi und Marburger Bund, die von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) organisierte Protestkundgebung. „Die Kliniken stehen aktuell mit dem Rücken zur Wand“, beklagt Sascha Klein. „Der Bundesgesundheitsminister lässt die Krankenhäuser und Beschäftigten alleine, indem er den Krankenhäusern eine angemessene Erhöhung der Preise verweigert“, sagt er. Daher können, so der Geschäftsführer, die Kliniken die jüngsten Tarifabschlüsse im kommenden Jahr nicht refinanzieren. „Das kommt gegenüber den Beschäftigten, die sich die Tariferhöhung verdient haben, einem Schlag ins Gesicht gleich.“ Der Bundesgesundheitsminister stelle die Krankenhäuser vor enorme wirtschaftliche Herausforderungen, die im kommenden Jahr mit teilweise zweistelligen Millionendefiziten planen müssen und in die Zahlungsunfähigkeit gezwungen würden, erklärt Klein in seiner Funktion als Vizepräsident der KGNW.
Die Forderung der KGNW wird in der „NRW-Allianz für die Krankenhäuser“ unterstützt von den drei kommunalen Spitzenverbänden Landkreistag, Städtetag sowie Städte- und Gemeindebund, dem kommunalen Arbeitgeberverband, den Ärztekammern Nordrhein und Westfalen-Lippe, der Pflegekammer NRW, den Gewerkschaften Verdi und Marburger Bund, der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe sowie der Caritas NRW, dem Verband leitender Krankenhausärztinnen und –ärzte, dem Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands und dem Verband der Privatkliniken NRW. „Diese breite Unterstützung zeigt, dass die Sorge um die wirtschaftliche Stabilität der Krankenhäuser nicht nur die Klinikträger selbst umtreibt“, erklärt KGNW-Präsident Ingo Morell. Vielmehr sei es ein reales Szenario, dass die stationäre Gesundheitsversorgung durch eine drohende Insolvenzwelle drastisch eingeschränkt werden müsste. Die Bundesregierung dürfe nicht noch länger abwarten, sondern müsse ab 2024 einen dauerhaften Inflationsausgleich und die vollständige Erstattung der Tarifkosten gesetzlich regeln.
Hintergrundinformation: Die Krankenhäuser können auf die enormen Preissteigerungen für Energie, Lebensmittel, Medizinprodukte oder auch Dienstleistungen nicht durch eine Anpassung der Vergütung reagieren. Für sie wird im Voraus eine erwartete Kostensteigerung festgelegt, die dann ein Jahr unveränderlich gilt. Für 2022 wurden 2,32 Prozent Kostensteigerungen angenommen, die Inflation lag im Jahresdurchschnitt bei 6,9 Prozent. Allerding lag im Bereich der Krankenhäuser, die energieintensive Unternehmen sind, die Kostensteigerung teils deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Das setzt sich auch 2023 fort: Immerhin 4,32 Prozent höhere Kosten können die Krankenhäuser geltend machen, die Inflation lag Anfang des Jahres mit 8,7 Prozent aber noch doppelt so hoch, im August lag sie bei 6,1 Prozent (Quelle: Destatis)